Der Patron der ältesten Pfarrkirche in Ingolstadt, der heilige Mauritius, Märtyrer der Thebäischen Legion, zugleich der Stadtpatron, steht in Verbindung mit dem Kloster Niederaltaich. Aus einer Schenkungsurkunde König Lu dwigs des Deutschen für Abt Gozbald von Niederaltaich 841 geht hervor, dass das 806 erstmals erwähnte karolingische Kammergut „Ingoldesstat“ aus einem Herrenhof, zwei Kirchen und mehreren Höfen, Personal, Grundstücken und Vieh bestand.Mangels schriftlicher Quellen bis zur ersten Nennung Ingolstädter Bürger 1254 mussten archäologische Funde den Nachweis für den ersten Siedlungsplatz erbringen. Die Entdeckung einer Kreuzfibel aus der Zeit Karls des Großen in der Nähe der ältesten Pfarrkirche der Stadt Ingolstadt, der heutigen Moritzkirche, beim Umbau der sog. Moritzresidenz lieferte den Beweis, dass die Moritzkirche, wenn auch der Bau erst für 1234 dokumentiert ist, seit der Zeit der Ersterwähnung unserer Stadt einen Mittelpunkt auf einer hochwassersicheren Anhöhe darstellte. Das eigentliche Patrozinium der Kirche, St. Salvator und St. Maria, 1148 erwähnt, deutet auf einen Vorgängerbau der Kirche, vermutlich schon aus Stein, hin. Die Anfänge des Schulwesens – 1328 ist eine Pfarrschule bezeugt – sind der Pfarrei St. Moritz, zu verdanken: Knaben wurden zunächst für die Gestaltung der Liturgie in Latein und Gesang ausgebildet, später dehnte sich der Unterricht in der Pfarrschule auf Lesen, Schreiben, Rechnen, soweit es für den liturgischen Kalender von Bedeutung war, und Latein aus. Ein städtisches Schulwesen ist erst im 16. Jahrhundert belegt. Das Erscheinungsbild der Kirche änderte sich mehrfach durch Erhöhung des Langhauses, Aufstockung des Glockenturms und Erweiterung nach Westen im Lauf des Mittelalters. Eine erste Barockisierung erfuhr die Kirche um 1672, davon zeugt noch die Kanzel. Johann Evangelist Hölzl freskierte und Johann Baptist Zimmermann stuckierte die Kirche spätbarock im 18. Jahrhundert. Finanziert wurde diese Baumaßnahme durch die Stiftung des Moritzpfarrers Johann Georg Hagn. Geblieben ist nur noch eine Grafik im Stadtarchiv und die Kenntnis des Inhalts der Fresken: Christus als Lehrer, das Apostelkonzil und das Konzil von Trient. Die Regotisierung des 19. Jahrhunderts brachte nämlich die Entfernung dieser barocken „Zutaten“ mit sich. Der Chor fiel dem Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs zum Opfer, der heutige Hochaltar ist aus verbliebenen Teilen zusammengesetzt, rechts der heilige Mauritius und links der heilige Gereon, ebenfalls ein Märtyrer der Thebäischen Legion. Beide Skulpturen stammen vom Eichstätter Bildhauer Joseph Anton Breitenauer.
Die jeweiligen Moritzpfarrer hatten häufig besondere Funktionen entweder im Dienst der bayerischen Herzöge (Ulrich Warnhofer, Johann Halbritter), als Professoren an der 1472 gegründeten bayerischen Landesuniversität in der Stadt (Georg Hauer), als Gegenreformatoren (Martin Eisengrein, Kaspar Franck), Weihbischöfe (Balthasar Fannemann), Aufklärer (Benedikt Stattler) oder Historiker (Johann Nepomuk Mederer, Johann Baptist Götz). Selbstverständlich übten die genannten Institutionen wiederum einen Einfluss auf die Besetzung der Pfarrstelle aus. So wurde die Pfarrei 1524 der Universität inkorporiert, d. h. sie musste jährlich Zahlungen an die Universität leisten. Sozial engagiert als Stifter des Waisenhauses zeigte sich Moritzpfarrer Peter Steuart.
Mit der Zunahme der Bedeutung der Stadt als Haupt- und Residenzort des Teilherzogtums Bayern-Ingolstadt 1392-1447 wuchs auch die Einwohnerzahl, so dass die Errichtung einer zweiten Pfarrei notwendig war, die 1407 mit dem Patrozinium Zur Schönen Unserer Lieben Frau durchgeführt wurde. In den städtischen Dokumenten wurden die beiden Pfarreien nun als untere (St. Moritz) und obere Pfarre (U. L. Frau) unterschieden.
Herzog Ludwig der Bärtige, dessen Schwester Elisabe th als französische Königin Isabeau in die Geschichte einging, ließ diese Kirche als seine Herrschaftskirche seit 1425 prächtig ausstatten und im Stil französischer Kathedralarchi tektur als Pendant zum Neuen Schloss am anderen Ende der Stadt erbauen. Das monumentale Gebäude mit seinen über Eck stehenden Türmen und seinem mächtigen siebenstöckigen Dachwerk ist heute noch von weitem erkennbar. Auch diese Pfarrkirche wurde 1523 der Universität inkorporiert. Die Ausstattung spiegelt verschiedene Stilrichtungen von der Gotik bis zur Moderne wider. Das Juwel bildet der reich mit biblischen Szenen bebilderte Hochaltar mit seinen doppelten Flügeln, gefertigt von Hans Mielich zum hundertjährigen Bestehen der Universität Ingolstadt 1572. Ein Teil der Schatzkammer ist im Südturm frei zugänglich.
In unmittelbarer Nachbarschaft der Kirche entstand ab 1576 das Jesuitenkolleg. Die ersten Jesuiten wirkten mit Unterbrechungen seit 1549 in der Stadt, darunter Petrus Canisius, der als zweiter Apostel der Deutschen tituliert wird. Er predigte häufig in der Pfarrkirche Zur Schönen Unserer Lieben Frau.
Für die ganze Diözese bedeutsam ist die Kopie des Gnadenbildes Maria Schnee in Santa Maria Maggiore in einer Seitenkapelle auf der Nordseite, die um 1570 dem Jesuitenkolleg geschenkt wurde. Pater Jakob Rem, Jesuit, hervorragender Jugenderzieher und großer Marienverehrer, hatte 1604 während des Gesangs der Lauretanischen Litanei eine Vision, in der die Muttergottes ihm offenbarte, dass sie die Akklamation „Wunderbare Mutter“ besonders schätze. Daraufhin ließ Pater Rem die Anrufung noch zwei Mal wiederholen. So entstand der Titel „Dreimal Wunderbare Mutter.“ Die Gebeine Pater Rems befinden sich seit 1935 ebenfalls in der Kapelle, sein Seligsprechungsprozess wurde, nachdem sich der Informativprozess – bedingt durch den Zweiten Weltkrieg – 1932-1949 hingezogen hatte, in jüngster Zeit wieder aufgenommen.
Auch die jeweiligen Pfarrer zur Schönen Unserer Lie ben Frau bekleideten wichtige Ämter als herzogliche Ratgeber (Gabriel Glesein), Professoren (Johann Permetter von Adorf, Maximilian Planck), Gegenreformatoren (Dr. Johannes Eck) und Weihbischöfe (Lorenz Eiszepf). In der Bedrängnis des Zweiten Weltkriegs weihte der Eichstätter Bischof Michael Rackl seine Diözese der Dreimal Wunderbaren Mutter. Die Pfarrkirche blieb vom Bombenhagel verschont, wurde 1947 mit zum „Münster“ erhoben. Beide Stadtpfarreien bildeten ab 2004 eine Pfarreiengemeinschaft. Über die Jahrhunderte hinweg existierte schon eine enge Zusammenarbeit, die Geistlichen nahmen u. a. als Hauptzelebranten an den jeweiligen Patroziniumsfesten teil, die Gläubigen besuchten zu solchen Anlässen auch die Nachbarpfarrei. Mit dem Beginn des Jahres 2014 gibt es eine Innenstadtpfarrei mit dem Namen Liebfrauenmünster und St. Moritz. Letztlich wurde damit rein rechtlich zusammengefügt, was immer schon zusammengehört hatte.
Text: Doris Wittmann